Ein Wort zum Tag
Eine Frau erklärt mir am Telefon: «Weisst du, wenn mich dieses Virus trifft, ist es mir auch egal. Ich bin bereit zu gehen.» Es geht ihr nicht gut. Das Allein-Sein setzt ihr zu. Nicht erst seit dieser Corona-Krise, schon seit dem Tod ihres Mannes vor 16 Jahren.
Aber das ist nicht die ganze Geschichte. Ein paar Sätze später sagt sie: «Eigentlich sollte ich nicht jammern. Ich habe nämlich fast so etwas wie ein Wunder erlebt.» Im Haus, in dem sie lebt, besteht eine Bibliothek. Sie habe nun einfach mal planlos in eines der Gestelle gegriffen, ein Buch gepackt – und darin den Namen ihres Mannes gelesen. Für einen Moment war er wieder da. Das hat ihr so gut getan.
Offenbar hat ihr Mann vor vielen Jahren dieses Buch «entsorgt». Auf irgendwelchen Wegen landete es in dieser Bibliothek – und nun in der Hand seiner Frau. Für sie ist diese Überraschung, dieses Buch mit dem Namen ihres verstorbenen Ehemannes ein Lichtblick.
Manchmal kommt von unerwarteter Seite ein kleiner Strohhalm, ein kleines Stück Hilfe. Ganz egal, ob es tatsächlich ein «Wunder» ist. Deshalb sage ich mir: Augen auf. Herz auf.
Pfr. Harald Ratheiser